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Kind kommt – Kreißsaal geht: Geburtsstation Wehrda schließt auch

Trotz steigender Geburtenzahlen und damit steigenden Bedarfs schließen Jahr für Jahr mehr Kliniken ihre Geburtsstationen. Im Biedenkopfer DRK-Krankenhaus machte die Geburtsstation vor rund fünf Jahren die Kreißsaaltür für immer zu. Und jetzt schließt auch die Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie am Diakonie-Krankenhaus in Wehrda zum Jahresende. Das gab gestern der Deutsche Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) bekannt.

Schon Ende 2017 kam dieses hier wenige Stunden alte Baby in Ermangelung von Hausgeburts-Hebammen in einer unbetreuten Alleingeburt im heimischen Umfeld zur Welt – und die Situation für werdende Mütter im Landkreis verschlechtert sich weiter. (Foto: Sibylle Bamberger)

Die Kosten sind ursächlich für die Schließung. 650 Neugeborene pro Jahr: Das reicht nicht zur Deckung der Kosten. Auch hier spielen die so immens gestiegenen Prämien für die Haftpflichtversicherung von Hebammen eine nicht unerhebliche Rolle. DGD-Geschäftsführer Dr. Michael Gerhard bedauert die Maßnahme, sieht aber keine Möglichkeit, die Defizite zu kompensieren.

Sicherheit noch gegeben?

Ist fürs Hinterland die vielzitierte „Versorgungssicherheit“ überhaupt noch gegeben? Allein Backland.News sind aus jüngerer Zeit aktuell zwei Fälle bekannt, in denen es Gebärende aufgrund der Entfernung zur nächsten Geburtsstation nicht mehr schafften, einen Kreißsaal zu erreichen und die aus diesem Grund ungeplant zuhause entbunden haben. Eine weitere wollte Fahrt, Risiken und Klinikroutine mit schädlichen Interventionen in einer großen, anonymen Klinik vermeiden und entband das Kind zuhause in Eigenregie.

Hausgeburten? Fehlanzeige!

Die hohen Haftpflichtprämien sind nämlich mit ein Grund dafür, dass im Hinterland seit Jahren auch keine Hausgeburts-Hebamme mehr verfügbar ist. Sachbearbeiterin Ruth Glörfeld (Landkreis Marburg-Biedenkopf) sendete auf die Anfrage von Backland.News eine „Liste“ der Hausgeburts-Hebammen im Landkreis – mit exakt einer Hebamme darauf, wohnhaft in Ebsdorfergrund. Eine weitere (Frohnhausen) wolle im Herbst ihren Dienst antreten.

Und nun?

Augenscheinlich sind die Verantwortlichen nicht in der Lage, hier Ausgangssituationen zu schaffen, die den verschiedenen Bedürfnissen gerecht werden. Und der Landkreis?
Landrätin Kirsten Fründt und Marburgs Oberbürgermeister Thomas Spies „bedauern die Entscheidung der Diakonie, die gynäkologische und geburtshilfliche Station am Diakonie-Krankenhaus in Wehrda zu schließen, begrüßen aber, dass das Diakonie-Krankenhaus gemeinsam mit dem UKGM die Übergangsphase bis zur Schließung zum Ende dieses Jahres gemeinsam gestalten möchte“. Na, dann…