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Veränderung ist möglich: Welzer bringt’s mit Witz und Humor

Alles andere als ein moralpredigender Ökoaktivist: Professor Dr. Harald Welzer enttäuscht hat jetzt mit viel Witz und Humor erläutert, was Nachhaltigkeit mit Demokratie und Freiheit zu tun hat. 200 Gäste hatten sich dazu im Kreishaus eingefunden.
Wer etwas zum Positiven verändern wolle, so eine wesentliche Aussage, müsse den Menschen ein positives Angebot machen. Man könne Menschen für Dinge begeistern, wenn sie lustvoll und schön seien.

Gut besucht war der Vortrag, den Professor Welzer lebendig gestaltete. (Foto: Landkreis)

Bekannt wurde Welzer mit seinen Bestsellern „Klimakriege: Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird“ sowie „Selbst Denken: Eine Anleitung zum Widerstand“. Mit der von ihm gegründeten gemeinnützigen Stiftung „Futurzwei. Stiftung Zukunftsfähigkeit“ sollen neue Denkanstöße und Beispiele für eine lebenswerte und „enkeltaugliche“ Zukunft gegeben werden.

Frustration

Gleich zu Beginn seines Vortrages schlug Professor Dr. Harald Welzer die Seiten einer stark bebilderten Zeitung auf und las aus einem Reisebericht vor. Ein Reisender berichtete dort von einem sehr günstigen, fünftägigen „All-inclusive-Jetset-Urlaub“ rund um die Welt. „Der ökologische Fußabdruck dieses Mannes ist eine Katastrophe“, so Welzer Bei solchen Berichten, könne er verstehen, wenn sich bei vielen Akteuren massive Frustration einstelle.

Versuche

So ehrbar die Versuche von vielen Akteuren aus der „Öko-Szene“ seien, andere Menschen von einer besseren Lebensweise zu überzeugen, seien ihre Methoden umso fragwürdiger. Für Welzer steht fest: „Menschen mögen es nicht, moralisch aufgefordert zu werden!“. Er wirft daher vielen Akteuren vor, dass sie den Menschen, außer apokalyptischen Horrorszenarien, kein attraktives Gegenangebot machen. „Kehret um, sonst geht die Welt unter“ decke sich nicht mit der alltäglichen Wahrnehmung der meisten Menschen. Seit über 30 Jahren geht die Welt schon unter und die Uhr steht immer fünf vor zwölf“, sagte Welzer.

Ermutigung

Auf die Publikumsfrage, wie er denn Menschen überzeugen würde, antwortete Welzer: „In dem ich positive Geschichten erzähle. Viele wissen nicht wo sie anfangen sollen und sind daher sehr schnell resigniert. Die Geschichten, die ich mit meiner Stiftung sammle und erzähle, sind aber auch keine reinen Erfolgsgeschichten“. Es sei jedoch wichtig, dass man den Menschen Mut mache, dass Veränderung möglich sei.
Die Vielfalt einer offenen Gesellschaft ziehe auch Probleme mit sich, so der Referent. „Die offene Gesellschaft führte zu einer Vereinzelung des Menschen“, behauptet Welzer. „Es gibt in unserer modernen Demokratie wenig Gemeinschaftsstiftendes mehr“. Und Institutionen wie Kirchen, Parteien und Gewerkschaften erreichen nicht mehr breite Teile der Gesellschaft.

Erfreuliches

Ein junger Syrer habe ihm erzählt, dass er sich die ersten Jahre sehr verloren in Deutschland gefühlt hätte, obwohl er alles bekommen habe. „Und wissen sie“, fragte Welzer das Publikum, „was den jungen Syrer hat ankommen lassen? Die Fußballweltmeisterschaft. Ein inklusives kollektives Großereignis, das Menschen über alle kulturellen und sozialen Grenzen verbunden hat“. Erzählungen wie diese gäben ihm Hoffnung. Zuversichtlich stimmten ihn auch die vielen jungen Teilnehmenden der Seebrücken-Demonstrationen, die sich für Seenotrettungen im Mittelmeer einsetzen. „Diese jungen Leute halten europäische Werte hoch“. Es sei eine Schande, Seenotrettung zu kriminalisieren.

Nachdenkliches

Sein Publikum entließ er am Ende der Fragerunde mit den Worten: „Ich möchte, dass Sie sich selbst Fragen stellen und selber Antworten finden“. Ein Aufruf an die Menschen, selbst zu denken.